Sicherheit statt Druck: Bedürfnisgerechte Hundeerziehung

Hundeerziehung - mit welchen Tipps es beim Training besser klappt

Was erfolgreiche Hundeerziehung ausmacht? Sie ist artgerecht – und das bedeutet, dass sie mit der Natur des Hundes arbeitet und nicht dagegen. Wir wollen schließlich nicht mit Zwang und Druck das Verhalten unserer Vierbeiner beeinflussen, sondern eine Bindung zu ihnen aufbauen, die es ihnen ermöglicht, unsere Regeln einzuhalten, weil sie uns vertrauen.

In seinem Ratgeber „Hunde erziehen mit Natural Dogmanship“ beschreibt Hundetrainer Jan Nijboer einen bedürfnisorientierten Ansatz für die Hundeerziehung, dessen Erfolg auch wir aus langjähriger eigener Erfahrung nur bestätigen können. Als Ausgangspunkt dienen dabei die natürlichen Bedürfnisse des Hundes, denn zuverlässiger Gehorsam kann nur dann funktionieren, wenn sich unsere Vierbeiner nicht ständig zwischen ihren eigenen Impulsen und den Regeln ihrer Menschen entscheiden müssen.

Als Hundebesitzer*innen sollten wir uns also eine wichtige Frage stellen: „Was braucht mein Vierbeiner?“

In diesem Artikel zeigen wir dir, wie du die Bedürfnisse deines Hundes in die Gestaltung eures gemeinsamen Alltags einbeziehst und was bedürfnisorientierte Hundeerziehung in der Praxis bedeutet.

Gemeinschaft und Sicherheit: Wie die Bedürfnisse deines Hundes eure Beziehung zueinander beeinflussen

Die grundlegendsten Bedürfnisse eines Hundes konzentrieren sich darauf, sein Überleben zu sichern. Neben genug zu essen und zu trinken bedeutet das vor allem eine gesunde Menge Schlaf – und das können je nach Rasse, Alter und Auslastung stolze 12 bis 20 Stunden am Tag sein. Sind diese Grundbedürfnisse erfüllt, wenden sich unsere Hunde all jenen Bedürfnissen zu, die weniger mit dem Überleben und mehr mit ihrem Wohlbefinden zu tun haben.

Dabei ist für sie zweierlei besonders wichtig. Zum einen haben Hunde ein ausgeprägtes Sozialbedürfnis – und das ist auch logisch: Als Nachfahren der Wölfe sind auch sie Rudeltiere, die Gemeinschaft brauchen, um sich wohlzufühlen. Eng damit verflochten ist allerdings ein zweites wichtiges Bedürfnis: Sicherheit. Erfolgreiche Hundeerziehung setzt voraus, dass sich der Hund auf den Menschen verlassen kann. Und das erfordert im Alltag nicht nur die richtige Dosis Ansprache und Anerkennung, sondern vor allem viel Konsequenz vonseiten der Hundehalter*innen.

Dein Hund will einen aktiven Beitrag zu eurem Zusammenleben leisten

Von Streicheleinheiten bis hin zur Fellpflege kannst du deinem Hund allein durch liebevollen Körperkontakt schon viel Zusammengehörigkeit und Wertschätzung vermitteln. Um sich rundum wohlzufühlen, braucht dein Hund allerdings noch ein bisschen mehr: Gemeinschaft bedeutet für ihn auch, dass er einen ernstzunehmenden Beitrag zum Leben seines Rudels leistet und dafür Anerkennung bekommt.

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass du deinen Hund lobst, wenn er seinen Job gut macht – und dass du ihm im Alltag bewusst Gelegenheit dazu gibst, zu zeigen, was er kann. Fülle beispielsweise einen Futterdummy und lasse deinen Hund so nach Beute suchen oder bringe ihm bei, dir bei den Vorbereitungen für euren Spaziergang zu helfen, indem er seine Leine apportiert. Diese kleinen Momente der Zusammenarbeit mit dir als Sozialpartner*in sind für deinen Hund von enormer Bedeutung, da er seinen Teil zu eurem Zusammenleben beiträgt – und dass es sich lohnt, mit dir zusammenzuarbeiten.

Bei aller Zuneigung müssen wir allerdings auch ein bisschen Vorsicht walten lassen, was die Dosierung der direkten Ansprache angeht: Vermitteln wir unseren Hunden durch ständige Aufmerksamkeit den Eindruck, dass wir uns in allen Fragen nach ihnen richten, kann das dazu führen, dass die entspannte Teilnahme am gemeinsamen Leben in ein Verantwortungsgefühl aufseiten unserer Vierbeiner umschlägt.

Womit wir auch schon beim nächsten Punkt wären:

Eine klare Rollenverteilung bietet deinem Hund Sicherheit

Fühlt sich dein Hund in die Führungsrolle gedrängt, fällt es ihm schwer, sich auf Kommandos zu konzentrieren oder Regeln zuverlässig einzuhalten – immerhin muss er seine ganze Aufmerksamkeit dafür aufwenden, sein Rudel vor potenziellen Bedrohungen zu beschützen. Im Idealfall sollte dein Hund sich daher nicht für sein eigenes und auch nicht für dein Wohlbefinden zuständig fühlen: Vermittelst du ihm ein Gefühl von Sicherheit, ist er nicht nur viel entspannter, sondern auch gehorsamer und lernwilliger.

Um deinem Hund diese Sicherheit zu geben, ist es allerdings wichtig, dass du nicht nur dann aktiv die Führung übernimmst, wenn dein Vierbeiner gerade unsicher wirkt oder gar gegen die Regeln verstößt: Deine Rolle als Anführer*in bedeutet, dass du deinem Hund konsequent vorangehen solltest – auch in den kleinen Situationen des Alltags. Ganz gleich, ob ihr auf eurem Spaziergang einem fremden Hund begegnet oder es an eurer Haustür klingelt: Du gehst voraus. Du begrüßt den anderen Hund zuerst und du gehst auch immer zuerst zur Tür. So zeigst du deinem Hund, dass du die Situation fest im Griff hast und er sich entspannen kann.

Warum Konsequenz der rote Faden in der Hundeerziehung sein sollte

Auch wenn junge Hunde manchmal neugierig nachfragen, ob ihre Menschen sich wirklich sicher sind, dass sie die Anführer*innen sein sollten: Die allermeisten Hunde wollen sich eigentlich nur geborgen fühlen. Übernimmst du als Hundehalter*in in eurer Beziehung die führende Rolle, weiß dein Hund, dass du ihn vor Gefahren und beunruhigenden Situationen beschützen wirst – und das macht es ihm leicht, sich auf dich und wichtige Kommandos zu verlassen.

Damit dein Hund sich jederzeit auf eure Rollen- und Aufgabenverteilung verlassen kann, ist es unerlässlich, dass es klare Regeln gibt – Regeln, von denen du keine Ausnahme machst. Heute darf ein fremder Hund auf deinen zurennen, ohne dass du dich schützend vor deinen Vierbeiner stellst? Gestern war es okay, etwas vom Esstisch zu stibitzen, weil es so lustig war, aber heute darf seine Schnauze nicht mehr auf den Tisch? Fällst du aus deiner Rolle als konsequente*r Anführer*in, ist das für deinen Hund extrem verwirrend: Ohne klare Regeln weiß er nicht, welches Verhalten von ihm erwartet wird – und je häufiger sich solche Ungereimtheiten in euer Zusammenleben einschleichen, desto schneller führt das zu Fehlern und Frustration auf beiden Seiten.

Aus diesem Grund lohnt es sich, in der Hundeerziehung auch dann streng zu bleiben, wenn die Ausnahme von der Regel deinem Vierbeiner große Freude bereiten könnte: Langfristig ist die Sicherheit durch klare Ansagen für ihn viel wertvoller. Denn wenn du souverän die Führung übernimmst, kann sich dein Hund auf eines immer verlassen: „Mein Mensch weiß, wo es im Leben langgeht.“ Und das gibt ihm die Sicherheit, die er braucht, um dir entspannt und aufmerksam zu folgen.

Wer mehr darüber erfahren möchte, auf was man im Familienalltag mit Kindern und Hunden achten sollte, findet viele nützliche Tipps in diesem tollen Artikel von Hunde.plus.